Der kontinuierliche Prozess der Rekonstruktion der hierarchischen Struktur
der Geschlechterverhältnisse im Bildungsbereich kann meiner Meinung nach
nur dann unterbrochen werden, wenn das Thema Gender bewusst in alle Phasen
der Bildungsarbeit übernommen und integriert wird.
Hierzu muss die hierarchische Ungleichheit der Geschlechter bewusst
wahrgenommen und thematisiert werden. Der Blick auf die unterschiedliche
Sozialisation von Männern und Frauen und die Herausbildung und Übernahme
unterschiedlicher Interaktions- und Kommunikationsstrukturen trägt dazu bei,
ungleiche Strukturen zu erkennen. Nur wo dieses Bewusstsein vorliegt,
können Ansatzpunkte für entsprechende Maßnahmen geschaffen werden
und eine umfassende Berücksichtigung der Geschlechterdifferenz bei der
Planung und Durchführung von Bildungssituationen erfolgen.
Viele Firmen und Organisationen der öffentlichen Hand haben bereits begonnen,
den Gender-Ansatz in alle Themenfelder ihrer Politik und damit auch in den
Bildungsbereich zu integrieren (vgl. Loebe, Herbert und Severing, Eckhard (Hrsg.):
E-Quality- Management. 2001).
Die Landeshauptstadt München als größte kommunale Arbeitgeberin in Bayern hat
z.B. den Gender Mainstreaming–Ansatz im Rahmen des städtischen
Gleichstellungskonzepts verbindlich für alle Beschäftigten vorgeschrieben.
In den städtischen „Leitsätzen 2000 zur Chancengleichheit von Frauen“ wurden
auch für den Bereich der Fort- und Weiterbildung genaue und umfassende Ziele zur
Umsetzung der Strategie Gender Mainstreaming definiert, unter anderem folgende:
„- Die gesamte städtische Fort- und Weiterbildung ist auf Grundlage
des Gender Mainstreaming-Ansatzes konzipiert. Die Dimension
Geschlecht und die spezifischen Interessenlagen von Frauen sind in
allen Fort- und Weiterbildungsangeboten berücksichtigt.
- Zu Themen, die der persönlichen und beruflichen
Weiterentwicklung dienen, bietet die Stadt weiterhin
Veranstaltungen nur für Frauen. Ergänzt wird dieses Angebot um
Seminare ausschließlich für männliche Beschäftigte zum
Themenfeld Geschlechter- gerechtigkeit.
- Bei den TrainerInnen und DozentInnen besteht in den Bereichen, in
denen Frauen unterrepräsentiert waren, mindestens
Geschlechterparität.
- Trainerinnen und Trainer sowie interne Dozentinnen und Dozenten
verfügen über aktuelle Kenntnisse im Bereich Gleichstellung von
Frauen in der beruflichen Weiterbildung
- Alle Trainerinnen und Trainer sowie interne Dozentinnen und
Dozenten, die bei der Landeshauptstadt München eingesetzt
werden, müssen Kenntnisse nachweisen auf den Gebieten:
Methodik des Gender Mainstreaming, reflexive Koedukation in der
Erwachsenenbildung und Geschlechterforschung im Bereich
Interaktion.
-Alle Schulungsmaßnahmen sind bis Ende 2002 systematisch
daraufhin überprüft, ob und wie der Geschlechter-Ansatz integriert ist
bzw. künftig integriert wird.“
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Es werden noch viele Steine aus dem Weg zu räumen sein, um den „heimlichen
Lehrplan der Geschlechtererziehung“ zu dekonstruieren und eine
geschlechtergerechte Bildungsarbeit zu verwirklichen. Jedoch gerade Betriebe, die
erkannt haben, wie wichtig eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und
Männern für den Unternehmenserfolg ist, nehmen auch im Bildungsbereich eine
wichtige Vorreiterrolle ein,die den Weg zur Herstellung von
Geschlechtergerechtigkeit ebnet (vgl. Assig, D. und Beck, A.:Frauen
revolutionieren die Arbeitswelt. München 1996).
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