„Aufgrund der heute vorliegenden wissenschaftlichen Befunde, müssen
wir
feststellen, dass die Aufhebung der getrennten Ausbildung für Mädchen und junge
Frauen keineswegs ausschließlich positive Effekte hat:
- In koedukativen Gruppen verengt sich
das Verhalten von Mädchen stärker
auf das jeweilige Geschlechter-Stereotyp, als dies in eingeschlechtlichen
Gruppen der Fall ist.
- In koedukativen Gruppen werden Mädchen
stärker auf "typisch weibliche"
und bisher mit geringerem Sozialprestige bedachte Aktionsfelder
zurückgedrängt bzw. sie ziehen sich selbst darauf zurück.
- In gemischten Gruppen fungieren Mädchen/Frauen
häufig als - aus Sicht
der Lehren- den willkommenes - "soziales Schmiermittel", ohne dass sie für
diese Leistungen die gebührende Anerkennung und Wertschätzung
erhalten.
- Die Ausbildung eines positiven Selbstbildes
und Selbstbewusstseins von
Mädchen /jungen Frauen wird in koedukativen Gruppen tendenziell
erschwert.
- Diese Effekte, die z.T. bereits im
Kindergartenalter beobachtbar sind,
setzen sich über die Schulzeit hin bis in den Bereich der Hochschulen und in
das Erwachsenenleben hinein fort. Sie zeigen sich vor allem auch im
Berufswahlverhalten und beim beruflich- sozialen Aufstieg.“
Ergebnisse von Interaktionsstudien in Schulen (vgl. Enders- Dragesser
und
Fuchs 1989, Faulstich-Wieland 1991, Glumpler 1994) zeigen, dass Jungen im
Unterricht mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung bekommen als Mädchen (2/3
Parität). Mädchen verhalten sich eher kooperativ, Jungen sind stärker auf
Konkurrenz hin orientiert und suchen nach Gelegenheiten, Dominanzverhalten zu
zeigen. Sozial auffälliges Verhalten (Stören, aggressives Verhalten etc.) zeigen
überwiegend Jungen.
Sobald Lehrkräfte ihre Aufmerksamverteilung in Richtung eines gleichmäßigeren
Umgangs verändern, wird dies von allen Beteiligten subjektiv als Bevorzugung der
Mädchen erlebt. Wenn die Aufmerksamkeit zu 1/3 den Mädchen und 2/3 den
Jungen zukommt, wird dies als gerecht empfunden.
Diese typischen Aussagen, die sich durch alle Forschungsergebnisse zur
schulischen
Ko-Edukation
ziehen, machen auch vor der Erwachsenenbildung nicht
halt.